“Friesland und das Zarenreich”

5 Tage landschaftliche und kulturelle Entdeckungen vom 17. - 21.05. 2010

Jever Pils und Ostfriesentee
„Moin, moin“
Es wird den Friesen oft nachgesagt, dies sei die einzige Unterhaltung während eines ganzen Tages. Das wollten wir herausfinden, und so machten sich gut 4o Meckenheimer und –innen samt ihrem geschätzten Reisemarschall, auf den Weg nach Norden. Jever war angesagt, eine friesische Stadt mit Geschichte. Ein freundliches Hotel, ein feines Frühstücksbuffet, ein herzhaftes Abendessen und dazwischen jede Menge von Besichtigungen. Und dabei haben wir es gemerkt: geredet haben sie schon mit uns und diverse geschichtsträchtige Denkmäler erklärt.

Moin, moin.
Das erste Highlight: die Meyer-Werft in Papenburg an der Ems. Wer hat das nicht schon einmal gesehen (meist wohl im Fernsehen): Ein Schiff, das über eine Wiese fährt. Und das schon mehr als 2oo Jahre. Wir erfahren also, die Meyer-Werft baut nicht irgendwelche Personendampfer, sondern inzwischen fein ausgestattete Kreuzfahrtschiffe. Im vergangenen Monat wurde das bis dahin größte in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff ausgedockt und rückwärts durch die Ems in die Nordsee gefahren, die Celebrity Eclipse. Man vergleiche sie mal mit unseren Häusern in Meckenheim: Länge 315 m, Breite 37 m, Anzahl der Passagiere 2 850. Papenburg ist wirklich die erfolgreichste Werft in Europa.
Moin, moin
Ein weiteres Highlight in Jever ist das Bier, das dort seit 1848 gebraut wird. Aus einer kleinen Abfüllanlage wurde ein großes Werk, das heute an den beiden futuristisch anmutenden Türmen auf die wichtige Arbeit hinweist. Unmengen von Flaschen werden täglich abgefüllt mit dem Getränk, das aus Wasser, Hefe, Hopfen und Malz besteht, so wurde uns immer wieder gesagt.
Und für jeden Geschmack ist etwas dabei, das haben wir probiert, Jever Pilsner (Alkoholgehalt 4,9 %), Jever Fun (Alkoholfreies Bier), Jever Lime (Biermischgetränk mit Limetten), Jever light (Leichtbier mit geringem Alkoholgehalt). Jeder hat seinen Biergeschmack mit Jever Bier getestet. Und wir zogen unsere Straße fröhlich weiter.
Moin, moin.
An einigen Stellen sahen wir das Straßenschild „Fräulein Maria“. Fräulein Maria? Mit ihr tauchen wir in die Geschichte dieser Stadt und Region ein und lernen: Fräulein Maria stammt von den Häuptlingen ab, die im Mittelalter diese Gegend regierten. Sie war besonders eifrig: Sie vergrößerte im 16.Jahrhundert ihren Herrschaftsbereich durch Neueindeichungen, sie führte das Deich- und Sielrecht ein. Die Wirtschaft nahm nach der langen Zeit der Kämpfe und Auseinandersetzungen einen Aufschwung. Die Reformation, die in ihre Regierungszeit fiel, betrachtete Fräulein Maria allerdings eher mißtrauisch.
In den folgenden Jahrhunderten herrschten dann auch die verschiedensten Nationalitäten. Man konnte in jener Zeit nacheinander Holländer, Franzose, Russe sein. Auch Russe? Ja, mehr als 1oo Jahre regierte hier das Haus Anhalt-Zerbst. Nach dem letzten Zerbster Fürsten kam die Herrschaft an seine Schwester Sophie Auguste, die als Gemahlin Peters III. von Russland zum griechisch-orthodoxen Glauben übertrat und sich Katharina die Große nannte. Sie übergab die Verwaltung des Jeverlandes der Witwe ihres Bruders: Frederike Auguste Sophie.
Und noch einer, den wir kennen, begegnet uns in der Geschichte dieser Gegend. Der Kölner Kurfürst Clemens August. Er baute ein Jagdschlösschen, mit verschiedenen Pavillons, Clemenswerth, bei Sögel im Emsland. Wir bestaunten 8 kleine Schlößchen
Moin moin.
Aber nicht nur die großen Highlights und die lange zurückliegenden Ereignisse in der Geschichte dieser Region sondern auch die stillen Orte der Einkehr und der Besinnung gefielen uns. Verschiedene Kirchen sahen wir, Bauernkirchen, gut gepflegte Friedhöfe um die Kirchen herum (zum Kirchen!) und innen die hohen Kirchenbänke, die Emporen und die Kanzeln. Die geschnitzten Altäre, die die Heilsgeschichte darstellten. Am Rande der Stadt Jever, wo wir uns zu einem abendlichen Spaziergang trafen, war uns eine Wallheckenlandschaft mit Sonnenuntergang versprochen. Aber kein Sonnenstrahl war zu sehen, statt dessen die kleine Kirche „Zum heiligen Kreuz Sankt Peter“. Wir hörten gerne dem Küster (ehemaliger Marineoffizier) zu, der uns das Altarbild erklärte und uns mit dem Abendsegen entließ.-
Und in diese stille Betrachtung gehört auch der Besuch bei dem Künstler Leonard Wübbena in dem Warfendorf Funnix, der sein ganzes Anwesen zu einer Kunstausstellung gemacht hat, ein Skulpturengarten. Seine Kunst besteht aus einer Sammlung zeitgenössischer Stahlplastik. Die Skulpturen, manche schon etwas verrostet, doch jedes Werk auf seinem Platz. So konnten wir durch den Park streifen, jeder für sich und doch standen wir in kleinen Gruppen zusammen: Was hat sich der Künstler wohl gedacht. Nicht immer wird er es uns sagen. Aber wir haben die Gelegenheit, uns in das Kunstwerk hineinzudenken und den abstrakten Gestalten Namen zu geben, damit sie sprechen und sich bewegen.
Moin moin.
db 024 P1030100a1Und schließlich gehört zu einem Aufenthalt in Friesland der Besuch einer Insel mit dem Weltnatur-Erbe, dem Wattenmeer. Mit dem Schiff von Bensersiel nach Langeoog, dann mit der Inselbahn in den Ort mit seinen Hotels, den Andenkenläden, den Geschäften mit Sommer- und Wassermode und dem Denkmal der Lale Andsersen („vor der Kaserne , vor dem großen Tor…“ Lilli Marlen). Und dann natürlich das weite Meer, die Nordsee mit dem feinen Sandstrand. Unser Reisemarschall ist immerhin 7 km am Strand entlang gewandert mit einigen Wenigen. Uns allen hat hinterher der Friesentee geschmeckt. Wie man es richtig macht mit der Sahne und den Klüntjes: Der Marschall wusste es.
So haben wir also 5 Tage in Friesland zugebracht - übrigens bei herrlichem Sonnenwetter - und dabei viel kennengelernt. Die, die uns führten, haben eine Menge erzählt und geredet, und wenn keiner dabei war, im Bus zum Beispiel, da hat unser Reisemarschall gesprochen, und er wusste doch eine Menge .und hatte die Lacher immer auf seiner Seite.
Vielen Dank lieber Reisemarschall, es waren schöne und interessante Tage, die wir erlebt haben. Und wenn wir auf der Rückreise im Bus etwas ruhig waren, teilweise sogar schliefen, dann sicher deshalb, weil die Friesen, die wir trafen, doch mehr gesagt hatten als nur
moin., moin
(Text: Martin, Fotos: Reschke/deHaas)

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